Am
20. Dezember 2011 erschien in Ihrer Zeitung „Neues Deutschland“ der Artikel von
Sabine Neubert “Der geheimnisvolle
Prophet“ über das Buch von Ernst von Waldenfels „Nikolai Roerich - Kunst, Macht und Okkultismus“, das auf den Status
einer biographischen Forschung Anspruch erhebt. Der Artikel Frau Neuberts, im
Geiste einer entlarvenden Sensation geschrieben, zeugt davon, dass die
Journalistin mit der wirklichen Biografie Nikolai Roerichs, der einer der
hervorragendsten Kulturschaffenden des 20. Jahrhunderts war, vollkommen
unvertraut ist.
Im
Unterschied zu Frau Neubert und von ihr zitierten Herr von Waldenfels haben die
bedeutenden Wissenschaftler und Kulturschaffenden der Welt den wirklich
riesigen Beitrag Roerichs zur Schatzkammer der internationalen Kultur ganz
anders bewertet.
Jawaharlal
Nehru, ehemaliger Ministerpräsident Indiens, hat über Roerich
Folgendes gesagt: „…Ich bin von dem Schwung und Reichtum seiner Tätigkeit
und seines schöpferischen Genies ganz begeistert. Ein großer
Künstler, großer Lehrer und Schriftsteller, Archäologe und
Forscher, er berührte und beleuchtete viele Aspekte menschlicher
Bestrebungen. Allein die Menge der Gemälde ist erstaunlich: er hat
Tausende Gemälde geschaffen, und jedes davon stellt ein großes
Kunstwerk dar“.
In
der ganzen Welt ist Nikolai Roerich als eine hervorragende Persönlichkeit
des öffentlichen Lebens und ein Friedensstifter, der sich für den
Schutz des Kulturerbes der Welt aktiv arrangierte, bekannt. „Der Frieden durch
die Kultur“ – diese Idee war die Grundlage sämtlicher Aktivitäten
Nikolai Roerichs. „Um die Welt in all ihrer Echtheit wahrzunehmen, muss man
auch die wirklichen Schätze der Menschheit begreifen. Derjenige, der diese
Werte verstehen und begreifen wird, wird auch lernen, die aufzubewahren“.
Nikolai
Roerich hat diese Gedanken verwirklicht, indem er eine internationale Bewegung
zum Schutz der Kultur und den ersten internationalen Vertrag „Zum Schutz von
künstlerischen und wissenschaftlichen Einrichtungen und geschichtlichen
Denkmälern im Falle eines Krieges“ der später als Roerich-Pakt
bezeichnet und als Grundlage der 1954 Haager Konvention „Zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten
Konflikten“ verwendet wurde, ins Leben gerufen hat.
Selbst
wenn der Pakt die einzige Leistung des Künstlers wäre, wäre
Nikolai Roerich allein aus diesem Grund in die Annalen der internationalen
Kulturgeschichte eingegangen. Das Ausmaß seiner Persönlichkeit war
aber wirklich eigenartig, und er wurde auch als Denker, Schriftsteller,
Reisender und Wissenschaftler bekannt.
Aufgrund
der reichlichen wissenschaftlichen Materialien, die von Roerichs während
der berühmten zentralasiatischen Expedition Nikolai Roerichs gesammelt
wurden, wurde das Institut für Himalaja-Forschungen "Uruswati",
das mit den bekanntesten Gelehrten damaliger Zeit erfolgreich zusammenarbeitet
– Albert Einstein, Niels Bohr und
anderen – im Kullu Tal (Indien)
gegründet.
Von
der weltweiten Anerkennung der Verdienste Roerichs zeugen sowie die
Auszeichnungen, die ihm von den Regierungen vieler Länder eingereicht
wurden, als auch die Ehrentitel, die von den wissenschaftlichen,
öffentlichen und kulturellen Organisationen, in denen er als Gründer,
Gönner, Präsident oder ordentliches Mitglied agierte, an ihn
verliehen wurden.
Es
genügt zu erwähnen, dass Roerich Kavalier der Ehrenlegion, Mitglied
des Roten Kreuzes (Frankreich), Vizepräsident des Amerikanischen
Institutes für Archäologie (USA) und Gründer des Institutes der
Vereinigten Künste in New York und vieler anderer Einrichtungen war.
Alle
diese Tatsachen veranschaulichen eindeutig, dass die „Sensationen“
verschiedener Sorte, die über Nikolai Roerich verbreitet werden, nichts
mehr als Mystifikationen und Erfindungen sind.
Die
Autorin des Artikels, Sabine Neubert, hätte sowohl in die Werke Roerichs,
als auch in die zahlreichen biographischen und wissenschaftlichen Publikationen
über ihn, darunter die zu seinen Lebzeiten erschienenen, Einsicht nehmen
sollen. In diesem Fall hätte sie problemlos den falschen unausgesprochenen
Sinn des Textes und die Kompilationen im Buch von Ernst von Waldenfels erkennen
und eine ganz andere Rezension über dieses Schundliteraturwerk schreiben
können.
Es
ist bemerkenswert, dass Herr von Waldenfels O. Schishkin, V. Rosov und A.
Andrejev, die in Russland aufgrund ihrer Publikationen unrühmlich bekannt
sind, als sachkundige Fachleute in Roerich-Forschungen gewählt hat.
Schon
seit vielen Jahren haben sie die falsche Informationen über Nikolai
Roerich verbreitet, indem sie dem großen Künstler und
Friedensstifter die geheime Verbindung mit dem sowjetischen Nachrichtendienst,
die ambitiösen geopolitischen Pläne, das Streben nach einer
militärischen Machtergreifung in Tibet mit dem Ziel, auf dem Territorium
Mittelasiens einen unabhängigen Staat zu gründen, und viele andere
erfundene Geschichten zuschrieben.
Nach
den Worten des bekannten russischen Archäologen Akademiker V. Janin, „erinnert all das an den
Geisteskranken aus „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“,
der behauptete, dass sich innerhalb der Erde eine andere, größere Erde
befinde. Dieser arme Mensch hielt sich aber in einer Heilanstalt auf, im
Unterschied zu denjenigen, die bei uns den Quatsch für Wissenschaft
ausgeben“.
Der
Urheber dieser Lügen war Oleg Schishkin, der bereits 1996 anhand der Klage
Internationalen Roerich-Zentrums dem Rechtsspruch des Moskauer Gerichtes nach
für die Verbreitung der Wirklichkeit nicht entsprechenden Informationen,
die die Ehre und Würde Nikolai Roerichs und seiner Familienangehörigen
verletzte, schuldig gesprochen wurde.
Deshalb
kann die Weitergabe dieser Erfindungen im Buch von Ernst von Waldenfels „Nikolai
Roerich - Kunst, Macht und Okkultismus“ als Verleumdung bezeichnet werden, mit
allen entsprechenden Konsequenzen.
Nachdem
man sich mit dem Buch bekannt macht, wird es klar, warum ihr Autor das
weltgrößte Roerich-Archiv, das in dem Internationalen
Roerich-Zentrum in Moskau aufbewahrt wird, nicht in Anspruch genommen hat. Es ist kaum vorstellbar, dass Herr von
Waldenfels bei seinen Roerich-Recherchen auch in Moskau von solch einem Archiv
nicht erfahren hätte.
Außerdem
hat er in seinem Buch seltsamerweise hinzugefügt, dass keinem die Einsicht
in das Archiv des Internationalen Roerich-Zentrums gewährt wird. Es ist
wieder eine offenbare Lüge, wie auch vieles Andere, worum es sich in dem
Buch dieses Autors handelt.
In
der Manuskript-Abteilung des Internationalen Roerich-Zentrums, wo dieses Archiv
aufbewahrt wird, arbeiten viele Forscher, und zwar nicht nur aus Russland,
sondern auch aus den USA, Frankreich, Großbritannien, Bulgarien und
anderen Ländern. Es ist durchaus verständlich, warum Herr von
Waldenfels auf eine ganz andere Weise vorgegangen ist.
Der
Buchverfasser und diejenigen, die ihm Hilfe leisteten, hatten kein Interesse an
unserem Archiv, da sie ein ganz anderes Ziel verfolgten, nämlich die
Bedeutung der Persönlichkeit Nikolai Roerichs auf jegliche Art und Weise
herabzumindern und ihm die Ideen und Handlungen zuzuschreiben, die ihm nicht
eigen waren.
Das Buch von Ernst von Waldenfels wird als eine Biographie Nikolai Roerichs
angekündigt, aber, wie auch paradoxal es klingen mag, es gibt in dem Buch
kaum Informationen über Roerich selbst. In den Fußnoten zum Buch
werden mehr als 700 verwendete Quellen angegeben, davon aber gibt es nicht mehr
als 10 Hinweise auf die Bücher von Roerich, und selbst die sind aus dem
Kontext ausgerissen.
Diese
werden von dem Autor nach seinem eigenen Willen ganz frei interpretiert. Im
Buch fehlen Informationen über einen sehr wichtigen Zeitraum im Leben
Roerichs, nämlich die Vorrevolutionsperiode seines Schaffens in Russland.
Der Autor verwendet und analysiert überhaupt nicht die
Äußerungen über Roerich von seinem großen Zeitgenossen
wie Leo Tolstoj, Arkhip Kuindji, Leonid Andreev, Maurice Maeterlinck, H.G.
Wells und vielen Anderen, die wegen Voreingenommenheit nicht verdächtigt
werden können. Es ist überhaupt nicht zulässig, wenn es sich um
Schreiben einer Biographie solch eines bekannten Menschen wie Nikolai Roerich
handelt.
Der
Autor hat es auch für unnötig gehalten, in seinem Buch die vielseitige
schöpferische und wissenschaftliche Tätigkeit Nikolai Roerichs und
den vollen Maßstab seiner Persönlichkeit darzustellen. Der aktive
internationale Einsatz Nikolai Roerichs zur Aufbewahrung der Objekte des
Weltkulturerbes wurde auch außer Acht gelassen.
Herr
von Waldenfels ignoriert eine ganze Schicht der wissenschaftlichen Forschungen,
darunter auch die Materialien der renommierten internationalen
wissenschaftlichen Konferenzen über das Leben und Schaffen Nikolai
Roerichs.
Der
Buchautor hat die unparteiische und objektive Forschungsarbeit durch zahlreiche
völlig unbegründete Nacherzählungen der mit schlechtem Ruf
umwobenen pseudowissenschaftlichen „Entdeckungen“ und „Sensationen“, die nichts
mit der Wissenschaft zu tun haben, vorgetäuscht. Deshalb kann das Buch von Ernst von
Waldenfels nicht als eine Biographie Nikolai Roerichs betrachtet werden.
Man will hoffen, dass in Deutschland, dem Land, das von Nikolai Roerich
hoch geschätzt wurde und das der Welt so viele hervorragende
Schriftsteller, Dichter, Denker und Musiker geschenkt hat, noch die Autoren und
Herausgeber zu finden sind, die urteilsfrei und würdevoll den Lebensweg
des wahrhaften Kulturförderers, der sein Leben dem Schutz der Kultur
gewidmet hat, in ihren Ausgaben an die Leser vermitteln können werden.